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Touristeninsel

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Bevor ich überhaupt schreibe, was die Woche so los war, muss ich eine Beobachtung bezüglich Valletta revidieren. Das Leben hat dort jetzt so richtig angefangen, vor allem das touristische Leben! Es scheint, als sei die Stadt aus ihrem Winterschlaf erwacht und mit der Hitze steigt auch der Puls. Zwar konzentrieren sich die Menschenmassen immer noch auf die Hauptstraße, aber es ist wirklich voll! Ich glaube, man muss Valletta wirklich etwas von den anderen Städten abgrenzen. Valletta ist Touristenzone. Aber immer noch schön. Und die Sommerzeit unterscheidet sich im ganzen Land extrem von der Winterzeit, man kann förmlich spüren, wie sich ein Schalter umgelegt hat, wie die Sonne Allem Leben einhaucht.

„Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,

Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,

Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,

Aus der Straßen quetschender Enge,

Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht

Sind sie alle ans Licht gebracht“

Na, Ostern ist vorbei, aber mit dem Mai steht Malta endlich aus einer Winterruhe auf.

Und ständig sieht man irgendwelche Fahnen wehen, irgendetwas wird immer gefeiert, geehrt oder zumindest bedacht. Allein diese Woche war in Valletta „Jum l-Ewropa“ – Europatag, überall blaue Flaggen. In Birkirkara war am Wochenende alles gelb-rot befahnt, ich glaube, es hatte was mit Fußball zu tun, auf jeden Fall mit irgendeinem sportlichen Ereignis. Christi Himmelfahrt habe ich erstaunlicherweise nicht sonderlich wahrgenommen, der Tag wurde von „Dun Ġorġ“ – George Preca überschattet. Der ist hier ziemlich beliebt und ich vermute, irgendwo (ich habe viele stark geschmückte Kirchen gesehen) ging auch richtig die Post ab. Leider ist es schwer, herauszufinden, wo die jeweilige Festa stattfindet. Viele Gemeinden haben keinen Internetauftritt und nur mit Glück und Zufall findet man heraus, in welcher Gemeinde und welcher Kirche wann der Festgottesdienst und eine Prozession stattfindet. Das steht meistens nur in den Schaukästen der jeweiligen Kirche und die muss man erst einmal gefunden haben…. Zu Dun Ġorġ ist es mir nicht gelungen. Eine richtige traditionelle Festa findet übrigens, so scheint es, auch „nur“ für Heilige statt. Kirchenfeste wie Himmelfahrt, Pfingsten oder Epiphanie erleben keinen derartigen Trubel, ist hier auch alles kein Feiertag. Die Karwoche und Ostern ist DAS Großereignis, die Heiligenfeste kommen gleich danach. Alles andere, was im Kirchenjahr so passiert (Weihnachten mal ausgenommen, darüber weiß ich nichts), verlässt die Kirchen eher nicht und wird „nur“ in der Messe gefeiert, nicht auf den Straßen.

Um das Touristenprogramm fortzuführen – am Samstag habe ich einen Ausflug zur Blauen Grotte gemacht. Diese liegt an der Südküste und ist in jedem Reiseführer und in jeder Tourplanung als Top-Ausflugsziel vermerkt. Ich hatte meine Skepsis, denn ich befürchtete, dass da eine nette Aussicht über-touristisiert wurde. Und ein bisschen kann ich das schon bestätigen.
Die Blaue Grotte ist eine Grotte, die farbenfroh schimmert, wenn man sie in der Morgensonne sieht. Angeblich strahlt das Wasser türkisblau (daher der Name) und die Wände glitzern grün-blau-orange. So ganz habe ich das nicht gesehen, aber als ich da war, war es auch schon Mittag. Die Grotte selbst kann man von oben von einem Aussichtspunkt gut sehen, das eigentliche Ziel ist aber das Wied iż-Żurrieq (Wied = Wadi = ein Flusslauf, meistens ausgetrocknet oder ein Tal; Żurrieq ist der nahegelegene Ort), etwa 100m entfernt von der Grotte. Von dort aus starten Boote, die zur Blauen Grotte fahren, dort ist ein Restaurant am anderen gereiht, dort sind endlose Schmuckläden, Souvenirstände, eben alles, was das Touristenherz begehrt. Man kann unheimlich schnell Geld ausgeben. Zum Glück ist das auch eine äußerst beliebte Tauchstelle und die ca. 30 Taucher, die im Minutentakt ins Wasser hüpften, haben mich daran erinnert, dass ich mein ganzes Geld in meine Tauchgänge stecke und mich davon abgehalten, eine Bootsfahrt zu machen oder Tücher, Kleider, Hüte oder Muschelschmuck zu kaufen. Aber! Trotz all dieser Dinge war es schön dort. Warum genau, kann ich gar nicht sagen.

Das Wied selbst lädt zum Schwimmen zwischen den Booten ein, das Wasser ist dort ruhig und klar, nur ein paar Meter weiter kann man sich auf die Steine direkt am Meer setzen und zuschauen, wie ein Boot nach dem anderen über die Wellen springt und Menschengruppen (mit Schwimmwesten, vll. war das auch ein Grund, warum ich das nicht machen wollte) zur Blauen Grotte bringt. Auch wenn sich an diesem Punkt Maltas wirklich viele Menschen befinden, hat man doch Platz, kann sich ausbreiten, sonnen, entspannen. Genau dort hat es zwischen mir und Malta gefunkt, ein bisschen mehr als sonst. Ich mag die Insel ja sowieso und ich habe ja eigentlich schon oft an der Küste gesessen, aber vielleicht lag es an der Tatsache, dass diese Stelle da unten so touristisch ist und trotzdem schön und natürlich. Aber eigentlich ist die Blaue Grotte nur eine semi-spektakuläre Einbuchtung im Felsen. Keine Ahnung, warum ich so gerne da war.

Ziemlich mittig im Land, zwischen Mdina und Mosta liegt Ta‘Qali. Ta‘Qali ist alles mögliche – das Nationalstadium, ein Nationalpark und ein Handwerksdorf (crafts village… wie übersetzt man das?). Das ist auch für einen Besuch unbedingt empfohlen, also war ich auch da. Da ist der Sommer noch nicht angekommen. Ein ausgestorbenes Geisterdorf.
Überall so eine Art Wellblechgebäude (früher war das Gelände wohl mal ein Militärflughafen, deswegen sehen die Gebäude so scheußlich aus), in denen Fabriken Töpfer-, Glas-, Holz-, Keramikwaren und was man sonst noch so verarbeiten kann, herstellen und natürlich verkaufen. Ich sage es mal so: Wer sich echte Handwerkskunst kaufen möchte, tut das am besten dort, denn ich vermute mal, dass die Preise da am günstigsten sind, schließlich kommt es direkt aus den Fabriken und man hat eine riesige Auswahl. Für ein Olivenschälchen oder ein Spitzendeckchen lohnt es sich allerdings nicht. Das ganze Dorf ist auf den Verkauf ausgelegt, nur Gucken macht auch Spaß, aber so richtig begeistert hat mich das nicht. Vielleicht ist da die Saison einfach noch nicht wirklich losgegangen. Aber da hab ich mir dann doch ein Armband gekauft *hust* – das ständige Kaufangebot an dem Tag konnte nun mal nicht ganz so spurlos an mir vorübergehen, die Gewissens-Taucher waren in Ta‘Qali ja auch leider nicht mehr da.

Finally habe ich mir Sonntag noch ein kleines Extra gegönnt und bin nach Mosta gefahren, um einen Blick auf die idyllische Kapelle San Pawl l-Eremita zu gönnen. Sie liegt im Wied il-Ghasel und sieht so aus:

Leider war eine Möglichkeit, näher heranzugehen, nicht zu finden, obwohl ich das Wied eine ganze Weile oberhalb entlang gelaufen bin, es ging nirgendwo runter. So hab ich die Kapelle also nur von eine Brücke sehen können, aber egal. Zumindest kann ich jetzt einen Haken hinter diesen Programmpunkt machen.

Das Beste zum Schluss – Freitag war ich wieder Tauchen! Dieses Mal ein Wrack! P31, welches (genau wie ein anderes ein paar 100 Meter weiter entfernt), extra für Taucher bei Comino versenkt wurde. Mein erstes Mal Tauchen vom Boot aus – bei dem starken Wellengang eine echte Herausforderung, sowohl mit der ganzen Ausrüstung ins Wasser zu gelangen, noch mehr aber wieder rauszukommen – und mein erstes Mal ein Schiffswrack. Natürlich sind wir nicht nur außen herum, sondern auch hindurch getaucht, es war ziemlich spooky, ich musste an Titanic denken. Schaurig-romantische Kulisse, aber ein wertvolles Taucherlebnis und ein Riesenspaß! Auch wenn ich partout nicht absinken wollte und das abtauchen eine halbe Ewigkeit dauerte und danach der Vorgang, aus den Wellen wieder ins Boot zu klettern noch eine Ewigkeit, bei der ich dachte, dass endlich mal Armmuskeln nützlich wären. Ich bin durch ein Wrack durchgetaucht! Und ich habe sogar eine Lampe gebraucht! Ist das nicht aufregend?

Irgendwelche Taucher haben diesen Tauchgang auf Video aufgenommen:

So ähnlich muss man sich das vorstellen, nur mit klarerer Sicht, bei mir waren auch mehr Fische um uns herum und das Boot war wesentlich verdreckter. Für Leute mit Platzangst ist das allerdings nichts.

Wetter: Tag: heiß. Wind: kühl. Nacht: kalt.

Fazit: Malta ist sogar schön, wenn man es mal nicht erwartet!