Die dritte Woche auf Malta begann mit einem Umzug in ein viel schöneres, saubereres, günstigeres und zentraleres Appartement, das ich glücklicherweise auch noch alleine bewohnen darf! Ich wohne jetzt in Msida, direkt bei der Universität. Ich kann nun auch auf meine erste Studienwoche zurückblicken, die recht zufriedenstellend war. Meine Arabischkurse sind wie erwartet klein, aber dennoch ziemlich anspruchsvoll. Unterfordert werde ich sicher nicht, aber das ist auch ganz gut so.
Poltik
Weiterhin habe ich festgestellt, dass die maltesischen Studenten scheinbar äußerst politisch sind. In Malta stehen Anfang März Parlamentswahlen an und diverse Debatten finden auf dem Campus statt oder werden auf dem Quad (=Quadrangular, der Hauptplatz des Unicampus’) über große Fernseher übertragen und bei derartigen Ereignissen ist die Hölle los! Studentenmassen verfolgen die Geschehnisse und sind temperamentvoll dabei mit Maltafahnen, Pfeifen und anderen Meinungsbekundungen. Soweit ich das überblicke, sind nur 2 Parteien von Bedeutung: die Partit Nazzjonalista (aktuell noch Regierungspartei) und die Partit Laburista – die übrigens keineswegs antireligiös ist.
Wegen meines Stundenplans an der Uni sind meine Exkursionen diese Woche auf nur wenige begrenzt, die aber mein Bild von Malta um einige Erkenntnisse ergänzt haben.
Landschaft
Immer mehr fällt mir auf, dass es auf dieser Insel doch viel mehr Landschaft gibt, als ich ursprünglich dachte. Fährt man ein bisschen aus dieser Städteansammlung rund um Valletta heraus, kann man ganz wunderbar zwischen den Städten und Dörfern (wenn man hier überhaupt irgendwas von einem Dorf abgrenzen könnte, dann sind die südlicheren und westlicheren Gegenden sehr viel dörflicher) umherwandern, die Straßen führen oft an weiten Blumenwiesen oder Gemüsefeldern vorbei. Besonders an der Küste ist es natürlich sehr schön, auch ohne weiße Sandstrände. Kleine Feldwege (die aber wahrscheinlich in einer Sackgasse oder einem Privatgrundstück enden) führen an Kakteen und hin und wieder an ein paar Palmen und Olivenbäume vorbei.
Nirgendwo ist es schöner, sich zu verlaufen, vor allem, weil man gar nicht umhin kommt, recht bald wieder irgendwo herauszukommen, wo man schon mal war. Da ich gerade versuche, diese Idylle zu beschreiben, kann ich gleich Marsaxlokk (das ‘x‘ wird immer als ‘sch‘ ausgesprochen) als bestes Beispiel anführen. Direkt an der Südküste liegt dieses kleine (ohja!) Fischerdorf, eine Augenweide! Diese hübsche Bucht ist voll von kleinen, bunten Fischerbooten, der tägliche kleine Markt mit Souvenirs, Klöppelarbeiten, türkischem Honig, köstlicher Marmelade, eingelegten Kapern (ich mag die ja gar nicht, ist aber eine maltesische Spezialität) und mehr lockt hauptsächlich Touristen an.
Küstendorf Marsaxlokk
Das Dörfchen hat man in 10 Schritten durchlaufen, aber Fischliebhaber können an den Restaurants am Meer den Tagesfang serviert bekommen. Obwohl jeder Reiseführer diese Idylle als Ausflugsziel empfiehlt, kann ich nicht sagen, dass es touristisch niedergerannt oder beeinflusst wirkt. Es ist einfach nett, wenige Leute tummeln sich am Kai oder auf dem Markt und hin und wieder sieht man einen Einheimischen Netze aufwickeln oder seinem Boot einen frischen Anstrich verpassen. Denn das ist wohl das Markenzeichen von Marsaxlokk: die bunten Fischerboote.
Aber gerade von Marsaxlokk aus kann man sehr schön an der Küste entlang schlendern, entweder gleich bis zum nächsten Ort oder einfach nur so, man kann sich der Beschaulichkeit gar nicht entziehen.
Das war also mein erster kleiner Vorstoß zur Südküste, mit der ich sicherlich noch nicht abgeschlossen habe, die lange Südseite nach Westen hin schreit geradezu nach einer ausgiebigen Küstenwanderung.
Mosta mit dem Wunderdom
Ein echtes (weiteres) Highlight war meine Fahrt in die entgegengesetzte Richtung – nach Mosta, liegt ziemlich mittig in Malta, fast schon nördlich. Obwohl Mosta die drittgrößte Stadt in Bezug auf die Einwohnerzahl ist (übrigens: diesbezüglich ist Valletta die fünftletzte), besticht sie im Grunde genommen auch nur durch ihren Mittelpunkt: den Dom! Der Mosta-Dom ist die viertgrößte Kuppelkirche Europas (!) und mehr als beeindruckend. Die Photos (die Innenansichten sind von Postkarten abfotografiert) können kaum zeigen, welchen gewaltigen Eindruck man beim Betreten hat.
Zusätzlich zur imposanten Erscheinung spielt die Kirche auch in der Geschichte Maltas eine bedeutende Rolle. Im Zweiten Weltkrieg wurde Mosta schwer beschossen, da es in der Umgebung des Militärflughafens lag. Während der Großteil der Stadt schnell einem Trümmerhaufen glich, wurde auch der Dom mit 3 Bomben beschossen. 2 davon prallten einfach ab (die Stabilität zeigt sich auch darin, dass kaum Zement beim Bau verwendet wurde, die Steine tragen sich quasi selbst), eine nur schoss durch die Kuppel hindurch, landete in der Kirche, wo sich über 300 Leute versammelt hatten – aber explodierte nicht. Bis auf die kleine Durchbruchstelle, die schnell wieder repariert war, erlitten weder Menschen noch Gebäude weiteren Schaden. Dieses Wunder überzeugt auch den letzten Maltesen vom Schutz der Gottesmutter über Malta. Die wundersame Bombe kann man übrigens auch in der Sakristei bestaunen. Ich vermute, mittlerweile wurde sie entschärft.
Leider hat mich die Gottesmutter auch im schönsten Dom nicht spontan von einem kurzen Grippeanfall geheilt, der mich am Valentinstag befallen hat, sodass ich den Samstag hauptsächlich im Bett verbracht habe.
Pferderennen
Nichts konnte mich aber davon abhalten, am Sonntag einer maltesischen Tradition nachzukommen, die sie mal wieder sehr mit den Briten verbindet – jeden Sonntag finden in Marsa (kurz vor Valletta) Pferderennen statt! Und die Malteser sind begeistert dabei, es war ziemlich voll, sowohl auf der Zuschauertribüne als auch in den Wettbüros. Leider hatte ich kein Glück, meine vier Wetten habe ich allesamt verloren, obwohl ich größtenteils auf Favoriten und mit wenig Risiko gewettet habe. Trotzdem war das sehr spaßig und diese Veranstaltung scheint eine beliebtes Familienunternehmung zu sein, ich habe weder nur die gut gekleidete Oberschicht Maltas noch ausschließlich ehrgeizige Wettprofis gesehen. Also typisch maltesisch: Nach der Sonntagsmesse ab zur Trabrennbahn.
Trotz des Spaßes beim Pferderennen fällt auf, dass es Tiere nicht sonderlich gut haben in Malta. Als Pferd wird man entweder beim Rennen gedroschen oder man muss 4-5 Menschen durch die Stadt ziehen – in den Städten findet man sogenannte Karrozzini, maltesische Fiaker, aber mit nur einem Pferd. Am schlechtesten haben es aber die Vögel –
wie bereits im letzten Bericht erwähnt, werden sie entweder abgeschossen oder landen in kleinen Käfigen auf dem Markt zum Verkauf. In wirklich kleinen Käfigen.
Häusernamen
Nun aber noch ein nettes Detail, welches mich immer wieder Schmunzeln lässt. Wie es vielerorts auf der Welt üblich ist, haben die meisten Wohnhäuser neben der Hausnummer Namen. Und da ist wirklich alles dabei. Hier auf Malta sind die Häuser natürlich meistens nach religiösen Begriffen oder Heiligen benannt, vor allem natürlich Maria, Paulus, Paradies und derartige Namen sind beliebt. Aber ich habe auch schon Chantal, Chanelle, Hercule, Sydney oder Koala House gelesen.
So macht das Spazieren durch die Straßen noch mehr Freude, vor allem, wenn man sich einen „Heaven“ anschaut – ein Haus, welches so heruntergekommen ist, dass es akut einsturzgefährdet aussieht.
Kulinarik
Und noch etwas für die Feinschmecker unter euch: Es gibt viele maltesische Spezialitäten, von denen vieles aber nichts für mich ist, zum Beispiel Kapern oder Aljotta (eine Fischsuppe), gespannt bin ich auf ein Kaninchengereicht, aber bisher haben mich hauptsächlich die maltesischen Käsespezialitäten überzeugt. Die „Pastizzi“ (Blätterteigtaschen) mit Käse gefüllt sind einfach göttlich und ebenso der kleine Gbejna-Käse, ein fester Ziegen- oder Schafskäse, ein bisschen wie Feta, nur besser. Zu dem vielfach gerühmten maltesischen Brot werde ich hoffentlich nächste Woche kommen.
Malta ist definitiv was für Augen und Gaumen!
Auch ein echter Augenschmaus ist der 3D-FIlm “Cirque du Soleil”, den ich mir angesehen habe (und das riesige Kino dabei ganz für mich allein hatte), als es tatsächlich regnete und nicht aufhören wollte. Einfach ein zauberhaftes Leinwandwerk!
Übrigens: Der Name „Malta“ kommt ursprünglich aus dem Griechischen, es hieß „Melita“, was sich an das griechische Wort für Honig „méli“ anlehnt – Malta war (und ist) für guten Honig bekannt!
Maltesisch: Waqt ramdan = Fastenzeit; Xagħar (sprich: schār) = Haare; Fenek = Kaninchen; Salib = Kruez; Fekruna = Schildkröte
Wetter? In der Sonne ist es schon richtig warm, der Wind ist aber immer noch winterlich. Die ganze Woche war Regen angesagt, der kam nur selten. Bin immer noch froh über meine Lammwollsocken und einen Wollpullover.
Was die nächste Woche auf mich zukommt: Nächstes Wochenende geht es nach Mdina und Rabat, die beiden wichtigen, alten Städte in Zentral-Malta oder/und nach Gozo und Comino!
Fazit: Malta heißt zwar Touristen willkommen, ändert sich für sie aber nicht.