Startseite » Eine Woche später

Eine Woche später

  • von

Eine turbulente erste Woche ist vorbei. Richtig turbulent wurde sie erst gegen Ende, also in den letzten 2-3 Tagen, ansonsten kann man alles als sehr ruhig, gediegen und einfach nett bezeichnen. Malta ist eher weniger für spektakuläre Entdeckungsreisen geeignet, so mein jetziger Eindruck, aber es ist wirklich schön hier, wenn man das akzeptiert. Ich bin gerne hier.

Universität

Nun, die Uni hat theoretisch am Donnerstag angefangen. Theoretisch bedeutet, dass die Vorlesung, die mein Auftakt gewesen wäre, gleich mal ausgefallen ist. Aber die Universität an sich ist toll. Zum Gelände kann ich noch so viel hinzufügen, dass es am Hauptzugang von außen aussieht wie eine Fabrikhalle, die versucht, schön auszusehen und innen sind die Gebäude irgendwie unorganisiert angeordnet, so, als hätte jemand verschiedenförmige Gefäße willkürlich abgestellt und eine Rundstraße darum gezogen. Aber man findet sich immer wieder in wunderschönen Ecken wieder, in leeren Säulengängen, bei Türen, die ohne Klinke leere Gebäude verschließen oder an hellen, offenen Häusern, in denen nichts ist. Viele, sehr schöne Gebäude, aber die, in denen wirklich Büros oder Lecture Halls sind, sind verwirrend unscheinbar. Das Institut für Orientalistik befindet sich – wie auch in Wien – mal wieder außerhalb des Campus’ und sieht eher aus wie ein Mini-Dornröschenschloss. So sehr die äußere Fassade der Uni auch etwas anderes vermuten lässt – innen ist viel Leben! Das Angebot ist umwerfend! Am Orientierungstag (den ich sehr lustig fand, es gab 18 Programmpunkte, einer davon war, dass uns jmd. die Liste erklärte, die sich in unserer Willkommensmappe befand und auf der stand, was alles in dieser Mappe enthalten ist – ja, über diese Liste hat jmd. 15min. referiert) merkte man, dass Internationale Studenten einen sehr großen Anteil an der Uni Malta haben und nicht erst seit einem Jahr, die Organisation ist da perfekt. Aber auch die einheimischen Studenten haben es wohl sehr gut. Es gibt viele Möglichkeiten, die ich so z.B. von Wien nicht kenne. Sehr begeistert mich das “Degree Plus”-Programm (“add value to your degree”), indem man als Student aus verschiedenen Kursen wählen kann, in denen man zwar nicht abgeprüft wird, die aber als Study Units gewertet werden. Dazu zählen Dinge wie Tango, Sportkurse, diverse Sprachkurse, Photographie, Präsentation, Rhetorik, Sozialarbeit, Meditation usw. Es ist schwer, daraus auszuwählen.

Valletta

Jetzt einmal wieder weg von der Uni und ein Schwenk zurück nach Valletta.
Der Puls der Stadt im Allgemeinen ist immer noch nicht gestiegen, die Hauptstraße bleibt weiterhin die einzige einigermaßen belebte Zone. Aber rund um die Stadt herum gibt es viele sehr schöne Plätze, von denen man wunderbare Aussichten auf die umliegenden Städte und Häfen hat. Ein Beispiel nur: die Great Siege Bell (Great Siege wird die Türkenbelagerung 16.Jh genannt), die jeden Mittag leutet. Man hat dort einen herrlichen Blick Richtung Valletta, auf das offene Meer und auf den Grand Harbour mit den Three Cities. Die Three Cities sind die 3 wichtigsten (und superkleinen) Städte gegenüber der Ostseite Vallettas, am Grand Harbour. Die habe ich natürlich gleich mal besucht (an einem halben Tag, mehr braucht man kaum) und an der Spitze von L-Isla ein kleines Video für euch gedreht.

L-Isla

(Anm.: Es war sehr windig, an einigen Stellen versteht man mich kaum, erst weise ich auf den Kranich hin, der mit Auge und Ohr an den Seiten über den Hafen wacht, dann auf die doch größeren Schiffe im Hafen, dann auf die hintere “Stadt” Kalkara, dann auf das Wetter, dann auf das Wasser-Taxi). Bin dann auch wirklich mit dem Wasser-Taxi (mit Namen Ariel Princess und einem Fahrer, der eher König Triton glich, nur mürrischer) rübergefahren, da bei der Gondel-Stelle kein Mensch war, eine Situation, die man hier oft erlebt. Zu den Three Cities kann ich gar nicht viel mehr sagen außer: total verschlafen. Leere Straßen, nix offen, aber idyllisch und zum Schlendern und Gucken ideal.

Karneval

Karneval! Was für ein Kulturschock!! Ich komme ja aus einer total karnevallosen Gegend und mein letzter Karneval war mit 5-6 oder so, als Marienkäfer oder Rotkäppchen. Aber als Kind in Malta mit dem hiesigen Karneval aufzuwachsen muss toll sein!! Die Kiddies haben super-aufwendige Kostüme, Favoriten sind bei den Mädchen Schneewittchen (und natürlich alle Arten von Prinzessin) und bei den Buben eindeutig Superman. Aber ich habe auch so viele super-originelle Kostüme gesehen, es war eine Freude fürs Auge und für meine Kamera. Es gibt kein zu viel, sondern nur zu wenig! Von Fr. an war die Stadt auf einmal voll! Die, die keinerlei Verkleidung an sich haben, sind eindeutig als Touristen oder als Eltern der geschmückten Kleinen geoutet. Die maltesischen Jugendlichen sind zwar nicht in so extrem aufwendige Kostüme gesteckt, aber beinahe jeder hat irgendetwas Ausgeflipptes an sich, blaue Haare, Herzstrumphosen, Katzenohren o.ä. Aber im Grunde genommen scheinen alle Jugendlichen Teil von Karnevalstruppen zu sein, die bei den mehrfach am Tag stattfindenden Carneval Dance Competitions ihr “Können” zeigen. Anstatt Ballett, Musikschule oder Jazz Dance, schickt man seine Kinder also von Klein auf zu einer von den tausend Karnevalstruppen. Deren Shows sind alle ziemlich ähnlich, nur die Mottos sind unterschiedlich. Choreographie ist im Großen und Ganzen schnelles Rumhüpfen zu abartig lauter Partymusik. Anspruchsvollerer Tanz ist aber wohl auch nicht möglich bei Kostümen, die tlw. doppelt so hoch sind wie die Tänzer, vor allem aber bunt, bunt und bunt sind. Glitzer, grell, leuchtend! Die Kostüme der organisierten Karnevalstruppen stellen auch nichts Konkretes mehr dar, sondern folgen grob einem Motto. Da ist es viel schöner, einfach ein wenig die Republic Street entlangzuschlendern, bei einer der vielen Paraden oder einfach so, und die vielen Prinzessinnen, Superhelden, Bären, Köche, Drachen, Schildkröten (ja!), Mozarts, Piraten usw. anzuschauen.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Erste Festa

Eine richtig blöde Sache ist allerdings mit dem Karneval in diesem Jahr verbunden – heute, also am 10. ist das Fest von St. Pauls Schiffbruch – ein Megaereignis, DAS Fest nach dem Nationalfeiertag. Die Feierlichkeiten sind enorm, mit Umzug, Konfetti, Feuerwerk und allem Möglichen. Leider wurde diese Festa bereits Ende Januar gefeiert, da sie dieses Mal eben mit dem Karneval zusammenfällt. Und beides muss natürlich gebührend und ausgelassen gefeiert werden. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich den Karneval doch lieber gegen das Fest getauscht. ABER obwohl die kompletten Feierlichkeiten ausfallen, hat das Fest trotzdem Karneval übertroffen. Nach der langen, beschwingten und sehr feierlichen Messe in der St. Paul’s Schiffbruch-Kirche wurde die riesige 3-4m hohe, wunderschöne Statue von St. Paul weggetragen (normalerweise hätte das einen riesigen Umzug durch die Stadt mit der Statue mit sich gezogen) – das war ein Event! Die Kirche war voll, die Nationalhymne wurde gesungen, Jubelrufe zum Heiligen Paul, die Leute sind AUSGEFLIPPT! Sie haben nicht gerufen, sondern gekreischt, jubiliert, gefeiert. Es war überwältigend, ich hatte Tränen in den Augen! Wenn das “keine Feierlichkeiten” bedeutet, dann bin ich sehr gespannt auf die nächste Festa!

Leider kann ich noch als etwas enttäuschend berichten: Es wird sehr viel gebaut. Besonders zentrale und wichtige Stellen sind unter Bauarbeiten und nicht zugänglich. Fort St. Elmo, sowie das Stadttor, das Opera House (welches als Ruine von der Zerstörung im Krieg so belassen wurde und als Freilichttheater diente), auch in Vittoriosa (die größte der Three Cities) wird sehr viel gebaut.

Ein Thema, das ich auf jeden Fall nicht unveröffentlicht lassen kann, sind die Busse. Auch die Erasmus-Ansprechpartnerin hat uns diesen Tip gegeben: It is always better just to walk! Und ich stimme dem zu. Vom Busfahren wird einem hier schlecht, man wartet oft fast länger, als man mit einem Spaziergang ans Ziel gekommen wäre, manchmal fahren die Busse auch einfach vorbei. Kurzum: Man kann sich nie auf einen Bus verlassen.

Entenhausen

Ein nettes Detail noch: “Duck’s Village” südlich von Sliema (andere Seite des Hafens an der Westseite Vallettas) – sieht auf den ersten Blick aus wie eine Müllhalde, ist aber ein kleiner Mini-Ort für Enten (auch ein paar Hasen und ein Meerschweinchen leben dort), mit Häuschen, Futter und frischem Wasser und jeder Menge Spaß für die Enten. Vogelschutz ist aufgrund der sehr umstrittenen Vogeljagd (ein sehr verbreitetes Hobby) ein großes Thema, ich weiß allerdings nicht, ob die Enten da jetzt so hingehören. Duck’s Village ist aber herzig!

Maltesisch: Belt = Stadt;Il-ġurnata it-tajba! = Guten Tag!; Ħruġ = Ausgang; Iva = Ja; Festa tajba! = Frohes Fest!

Wetter? Sehr windig! Meistens scheint die Sonne, zwischendurch immer wieder kurze, aber heftige Regenschauer. 9-11 °.

Was die nächste Woche auf mich zukommt: Am Montag gehen auch die Vorlesungen los. Ein bisschen Alltag! Wohin es mich am Wochenende zieht, weiß ich noch nicht, vermutlich werde ich die Südküste erkunden.

Fazit: Immer noch sehr ruhig im Normalzustand, aber die Malteser können auch anders!

Kommentar verfassen