Startseite » Arabisch

Arabisch

  • von

Wir als Arabisten verfügen nach 3-5 Jahren Sprachstudium über mehr oder weniger ausreichend Sprachkenntnisse, um einem arabischen Land in seiner Muttersprache zu begegnen. Theoretisch zumindest. Denn Arabisch ist nicht wie Französisch oder Italienisch und es ist logisch, dass man nervös ist, wenn man in einem so fremdem Land eine so komplizierte Sprache einfach so anwenden muss, die man eigentlich lieber in Schriftform verpackt hat. Und selten war es so, dass man privat ein wenig stümperhaft Arabisch plaudern konnte. Nein. Wie schon erwähnt, waren wir zu etlichen Konferenzen und offiziellen Meetings eingeladen und in diesem formalen Rahmen ist es ein Albtraum, Arabisch zu sprechen. Zumindest habe ich das so empfunden. Ich bin schon nicht erpicht darauf, auf Deutsch in Mikrophone zu sprechen und mich dabei auf einem riesigen Bildschirm zu sehen, aber in dieser erhöhten Aufmerksamkeit auch noch locker flockig Arabisch zu sprechen, ist eine große Herausforderung.

Aber was durfte ich feststellen? Wenn man muss, geht das schon. Erstens habe ich mich gefreut, dass ich doch das meiste verstanden habe, was ich nicht als selbstverständlich vorausgesetzt habe. Zweitens bin ich doch erstaunt gewesen, wie viel ich eigentlich habe sagen können und wie viel mir tatsächlich eingefallen ist. Ganz so spontan dann doch nicht immer, man hat ja zum Glück meistens Zeit gehabt, sich die Phrasen im Kopf zu überlegen, aber trotzen habe ich meine Redeanteile eher als Erfolg für mich bewertet. Natürlich ist da noch viel Platz nach oben, aber dass meine Probleme eher in fehlendem Mut lagen und nicht im Unvermögen, finde ich doch beruhigend.

Es gibt das klassische Hocharabisch, welches in den Medien (Nachrichten, Bücher, Zeitungen, alles Geschriebene..) verwendet wird und eigentlich in allen Ländern mit Arabisch als Amtssprache in der Schule unterrichtet wird. Das, was die Leute untereinander sprechen, ist aber meistens der lokale Dialekt, der von Land zu Land und auch von Region zu Region unterschiedlich ist. Meistens unterscheiden sich die Dialekte so stark, dass Sprecher verschiedener Länder auf die Hochsprache zurückgreifen müssen, um sich gegenseitig  zu verstehen. Auch erinnern die Dialekte oft nur wenig an die Hochsprache, sodass jemand, der Hocharabisch kann, noch lange nicht imstande ist, die Leute in einem Land zu verstehen. Das heißt, dass man, um in der Arabischen Welt bestehen zu können, mindestens zwei Sprachen lernen muss – Hocharabisch und einen lokalen Dialekt.

Dankenswerter Weise haben alle mit uns in ziemlich klar verständlichem Hocharabisch gesprochen. Erstens natürlich, weil ihnen klar sein musste, dass Dialekt für uns ungleich schwieriger wäre und zweitens, weil sie selbst nicht sonderlich viel von Dialekten halten.

In Saudi Arabien sind Dialekte nicht sonderlich hoch angesehen, auch wenn untereinander natürlich auch nicht Hocharabisch gesprochen wird. Aber während in anderen Ländern der Dialekt teilweise ein Merkmal für die eigene Identität ist, hat Dialektales in Saudi-Arabien keinen besonders guten Ruf. Natürlich sehen die Saudis maximal noch ihren eigenen Dialekt als akzeptabel an, der “der Hochsprache am nächsten ist” (naja..), andere Dialekte sind quasi kein Arabisch mehr… naja, die Eigenwahrnehmung ist da etwas verzerrt, aber das wissen wir.

Unser Institut befasst sich ausgiebig mit Dialekten und hat in der Dialektforschung eindeutig einen Schwerpunkt. Das war immer wieder Anlass zu Diskussionen und wurde meistens nicht sonderlich positiv aufgefasst.

Was kann ich noch berichten? Achja. Inwieweit Saudi-Arabien auch davon betroffen ist, kann ich nicht sagen, aber die arabische Welt leidet ein wenig unter dem allmählichen Verlust ihrer Sprache. V.a. Englisch, aber auch Französisch (im Maghrib) hat sich in den Alltag eingeschlichen und werden teilweise sogar mit dem Arabischen vermischt. Ein Trend ist das sogenannte “Arabizi” (Mischwort aus Arabī und Inglizī, also Englisch), das besonders von Jugendlichen in vielen Teilen der arabischen Welt genutzt wird. Ein weiteres Detail, welches die Entfremdung der Arabischen Sprache in den jeweiligen Ländern verschärft sind die Kindermädchen, die meistens nicht arabische Muttersprachler sind. Nicht selten verbringen sie wesentlich mehr Zeit mit den Kindern und sprechen mit ihnen z.B. (gebrochenes) Englisch.

Obwohl Saudi-Arabien auch einen besonders großen Bevölkerungsanteil nicht-arabisch-sprechender Gastarbeiter und Englisch ein hohes Prestige hat, ist das Land oder generell die Staaten der arabischen Halbinsel weniger von dieser Gefahr betroffen. Warum? Zum Beispiel, weil dieses ein Phänomen des zunehmenden Einfluss des Westens in die arabische Welt ist, was für Saudi-Arabien als sehr konservativen Staat überhaupt nicht zur Debatte steht. Und weil Arabisch die Sprache des Islams ist und das ist schon ein Grund genug, um in Saudi-Arabien das Arabische zu beschützen.

Kommentar verfassen