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Abaya & Co.

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Das Bild Saudi-Arabiens ist vor allem durch die relativ monotone Kleidung markant, die von den Bewohnern getragen wird.

Die religiösen Gelehrten sehen das so: Frauen sind prinzipiell attraktiv. Männer sind prinzipiell schwach. Männer (und auch Frauen natürlich) sollen vor der Versuchung geschützt werden, die sie möglicherweise zu Unzucht, Ehebruch, Vergewaltigung etc. anstiften würde. Denn die Ehre des Mannes und dass er sie bewahrt, ist überaus wichtig. Deswegen gibt es keinen anderen Ausweg als die Frauen so unsichtbar wie möglich zu machen. Man verschleiert sie also. Gerne wird auch gesagt “Frauen sind wie kostbare Diamanten. Man möchte sie nicht teilen und herumzeigen, man muss sie beschützen.”

Was man bei des westlichen muslimischen Frauen meistens als Kopftuch kennt, nimmt in Saudi-Arabien andere Formen an.

Alle Frauen tragen eine Abaya.

strictly recommended

Eine Abaya ist ein schwarzes sack-artiges Kleidungsstück, welches man wie ein weites (ein sehr weites) Kleid einfach über die normale Kleidung zieht oder vorne zuknöpft. Die Abaya geht bis zu den Fußknöcheln und bedeckt die Arme. Ein schwarzes, eng gebundenes Kopftuch bedeckt die Haare, Stirn, Ohren und Hals/Dekolleté und die meisten Frauen tragen zusätzlich einen Niqab. Das ist ein Stoffstück, das über der Nase angebracht und am Hinterkopf befestigt wird, also das Gesicht unterhalb der Augen verdeckt.

Das ist keine saudische Frau, die darf man nämlich auf keinen Fall photographieren. Aber so sieht das im Allgemeinen bei den Damen aus, Bettina hat es einfach mal ausprobiert:-)

Bei den meisten Frauen Saudi-Arabiens sieht man also in der Öffentlichkeit nichts bis auf die Augen, Hände und Füße. Daraus folgt die logische Konsequenz, dass gerade diese Dinge stark betont werden. Man kann nie genug geschminkt sein als saudische Frau!! Und entweder haben die Frauen es gelernt oder ich habe stärker darauf geachtet, aber Augen können sehr viel sagen, wenn man weiter nichts sieht. Aber auch Handtaschen, Ringe, Schuhe, das sind die Statussymbole, mit denen man sich präsentieren kann.

Es gibt Abayas auch mit Verzierungen und Stickereien und bunten Dekorationen, in allen möglichen Stoff-/Farb- und Dekorationselementen, manchmal auch ein wenig figurbetont. Einige, die es zu kaufen gibt, sehen wunderschön aus und sind ihrem Zweck meines Erachtens überhaupt nicht dienlich. Aber eigentlich keine Frauen, die wir im öffentlichen Raum gesehen haben, hatte eine Abaya mit Farbelementen oder auffälliger Dekoration.

Lediglich in Jeddah, wo die Stimmung und die Bevölkerung etwas liberaler ist, sieht man hin und wieder eine Frau mit freiem Gesicht (vor allem sieht man da überhaupt mal Frauen) oder sogar mal die eine oder andere ohne Kopftuch.

Insgesamt ist das Frauenbild vll so.:

80% im öffentlichen Raum mit schwarzer, schlichter Abaya und nur Augen im Gesicht frei

davon 15% sogar noch mit schwarzen Handschuhen oder/und Augen auch noch verdeckt (ich habe es ausprobiert, man kann durch den Stoff doch noch etwas sehen…)

15% (die fast ausschließlich in Jeddah) mit freiem Gesicht

5% ohne Kopftuch

Nur unter Frauen oder in der eigenen Familie kann man das ganze Zeug natürlich ablegen und da ist man als Frau eh in den meisten Fällen. Sobald man den Frauenteil eines Universitätsgebäudes betritt, verwandelt sich die schwarze und gesichtlose Masse in Jeans und Shirts, Blusen, Röcke (aber doch eher lange) usw., ganz normale Kleidung.

Für Männer gibt es auch eine spezielle Kleidung und zwar ein weißes langes Gewand namens Thob sowie karierte Kopftücher (meistens in rot-weiß) und ein schwarzes “Seil” namens Igal (oder so), was man darauf legt, damit es nicht rutscht. Diese traditionelle Kleidung wird im Gesamtbild von ca. 60-70% der saudischen Männer getragen, meiner Schätzung nach. Angeblich ist es für die Männer, die bei der Regierung angestellt sind, verpflichtend. Dann würde es beinahe passen, denn die, die Arbeit haben, arbeiten beinahe alle für den Staat. Eine Arbeitslosenquote von 10%, unter den Jugendlichen (unter 26 Jahre) 40% – das erklärt dann auch, dass die meisten Jugendlichen normal in Jeans und Shirts gekleidet sind.

Stephan wird saudisch eingekleidet

Als Ausländer/Besucher gilt: Frauen müssen/sollten auf jeden Fall eine Abaya tragen, Kopftuch ist zwar nicht verpflichtend, aber ein Tuch um die Haare wickeln wäre schon gut. Man soll sich ja immer lieber nach der konservativen Mehrheit richten, als irgendwelche liberalen Elemente auszuprobieren. Unsere Männer haben keinen Thob bekommen, aber sie sollten sich möglichst förmlich kleiden. Lange Hosen auf jeden Fall, am besten mit Hemd, Sakko oder so ist auch nicht verkehrt.

So sind wie meistens herumgelaufen – zumindest, bis wir uns schönere Abayas gekauft haben

Ehrlich gesagt, haben wir Frauen es dann doch erheblich leichter gehabt. An die Abaya gewöhnt man sich erstaunlich schnell. Man braucht sich keine Gedanken machen, was man anzieht und wie man aussieht, einfach dieses Teil drüber und das wars. Wie die Haare aussehen, ist auch egal, erspart also eine Menge Zeit am Morgen.

Wir haben viel über die Kleidung und natürlich besonders über das Verstecken der Frauen geredet, nachgedacht, spekuliert, analysiert… was dabei herausgekommen ist? Nunja, viele Gedankensplitter, z.B.:

Es ist sehr schräg, dass man meistens kaum erkennen kann, um was für einen Typ Frau es sich handelt – alt, jung, dick, dünn…. keine Ahnung, was dahintersteckt

Führt das nicht zu einer massiven Unzufriedenheit unter den Frauen? Nun, sie wachsen damit auf….

Handschuhe sind besonders sinnlos, man sieht ja die Form der Hand auch durch die Handschuhe…

Führt die Verschleierung nicht eher dazu, dass die Neugier der Männer und das Verlangen nach Körper, nach weiblichen Figuren umso abstrakter und sexueller wird? Verhüllen kann nicht umsonst ein sehr erotisches Element sein, denn es weckt die Neugier. Der Mensch wollte schon seit jeher, was verboten ist und sehen, was versteckt ist.

In der Öffentlichkeit essen mit Gesichtsverschleierung sieht unheimlich anstrengend aus….

Ich finde, das Photo passt ganz gut zu Saudi-Arabien. Das ist in vielerlei Hinsicht ziemlich schwarz-weiß. Nicht zuletzt die Kleidung betreffend.

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