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Wake me up before you GO-ZO

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Die Schreckensherrschaft ist vorüber! Malta ist frei! Malta kann endlich aufatmen, feiern, die Fesseln der vergangenen dunklen Jahre lösen! Malta taghna lkoll!

Politik

So ungefähr kommt es einem vor, wenn man heute den Fuß vor die Tür setzt – überall fahnenbehängte Autos, die lautstark dauerhupend durch die Straßen fahren, besonders an der Küste in Valletta und Sliema. Die Leute sind völlig aus dem Häuschen, Joseph Muscat strahlt siegessicher aus Bildern, Plakaten und Fahnen heraus – Die Partit Laburista hat nach 13 Jahren mal wieder die Wahl gewonnen. Zur Erinnerung: es gibt im Grunde genommen nur diese und die Partit Nazzjonalista, die sich gegenseitig den Kampf geliefert haben, wobei zumindest visuell nur die Arbeiterpartei wirklich Wahlkampf betrieben hat.

Heute ist aber wirklich der Teufel – nein, die Labour Party in Malta los, es wirkt wie ein zweiter Karneval. Gegen Mittag habe ich eine echte Touristenunternehmung gestartet und eine Mini-Kreuzfahrt durch die beiden Häfen Maltas an Vallettas Flanken gemacht. Das Boot hat dabei eine schöne 90-minütige Rundtour durch die vielen kleinen Buchten gemacht. Dabei sind wir genau in das Kreuzfeuer der Festivitäten geraten und von allen Seiten waren Kanonen, Feuerwerkskörper (ja, am Mittag!) und Hupen zu hören. Ich nehme an, dass es heute Abend noch richtige Feuerwerke geben wird.

Zeit für Gozo

Da das Wochenende als sonnig angekündigt wurde, dachte ich, es wäre Zeit für Gozo. Etwas nackt ohne meinen geliebten Reiseführer, den ich verloren habe, bin ich also Samstag früh an Bord der riesigen Fähre an der nordwestlichen Spitze der Hauptinsel gegangen, um mich auf die Nachbarinsel Gozo übersetzen zu lassen.

Gozo hat weniger als 1/3 der Fläche von ihrem großen Bruder und noch viel weniger Einwohner, mit 31.000 Einheimischen ist sie nur schwach besiedelt. Tagtäglich kommen aber viele Touristen dorthin, um sich die Insel anzusehen. So auch ich. Es gibt schon die eine oder andere „Sehenswürdigkeit“, man sollte aber meinen, das man das Wichtigste von Gozo durchaus innerhalb eines Tages schaffen kann. Falsch gedacht. Der Busverkehr behindert eine einigermaßen flüssige Planung extrem, sodass ich nur 3 „Ecken“ der Insel sehen konnte, bevor es im Nu stockfinster war. Die erste wäre die Hauptstadt Rabat, genannt auch Victoria, ich kann nicht sagen, ob es dort mehr zu sehen gibt als die Zitadelle, die sich in der Mitte der Insel erhebt. Bis auf die Befestigungsmauern erlebt man einen ganz wunderschönen Blick über die Insel in alle Himmelsrichtungen. Innerhalb der Anlage befindet sich auch die Kathedrale des Bistums Gozo mit allerlei prunkvoller Ausstattung.

Inlandssee

Wirklich idyllisch ist es an der Westküste der kleinen Insel, wo sich ein kleiner sogenannter „Inlandsee“ befindet.
Auf den sind die Gozo-Bewohner (ich weiß nicht, wie man sie bezeichnet) wohl besonders stolz, die Bezeichnung führt aber in die Irre, denn der See ist durch einen Höhlendurchgang, in dem sich die Wellen brechen, mit dem Meer verbunden. Bei weniger starkem Wellengang kann man auch eine kleine Bootstour über den See, durch die Höhle und auf der Meerseite dann durch das „Azure Window“ machen.

Das blaue Fenster

Dieses Blaue Fenster ist die Hauptattraktion Gozos, die es wahrscheinlich nur noch ein paar Jahre geben wird, da das Meer den Stein kontinuierlich abträgt und der „Fensterrahmen“ wohl innerhalb der nächsten 5 Jahr so einsturzgefährdet sein wird, dass man nicht mehr hinaufgehen kann. Deswegen habe ich diese Möglichkeit genutzt und den Blick über die Küste genossen. Leider war da die Sonne schon wieder weg, aber das Azure Window kann man wirklich als worth seeing gelten lassen. Die Risse, sie sich schon oben in dem Felsen abzeichnen, wirken zwar nicht sonderlich vertrauenserweckend, aber mich hat es doch noch ausgehalten.
Dort ist auch eine beliebte Tauchstelle, vielleicht habe ich mal die Gelegenheit…

Calypsos Insel

Gozo ist auch Calypsos Insel. Warum? Weil eine Legende Gozo zuschreibt, die Insel zu sein, auf der Calypso gelebt haben soll. Der Wahrheitsgehalt ist zu bezweifeln, aber an der Nordküste gibt es tatsächlich eine ziemlich tiefe und finstere Höhle, die ebenfalls einsturzgefährdet und gar nicht zugänglich ist, wo Calypso ihren Geliebten Odysseus angeblich 7 Jahre eingesperrt hat. Romantische Geschichte, vielleicht auch mehr, womöglich nicht. Aber die Stelle, die man über einen relativ langen Fußmarsch vorbei an Kakteen und Mandelbäumen – was ich ständig sehe, sind keine Kirsch- sondern Mandelbäume! – erreicht, bietet wieder einen sehr schönen Ausblick. Vor allem auf eine der raren Sandstrände des Staates Malta mit feinem roten Sand.

Auf der Hauptinsel gibt es sowieso hauptsächlich Steinküsten und auch Gozo hat nur wenige Sandstrände, die sich für einen entspannten Badetag eignen würden. Gut für Taucher, die steinigen Boden sowohl als Einstieg als auch als Untergrund wesentlich mehr schätzen.Das war also schon die erste Gozo-Exkursion, ich bin sicher, es erfolgt mindestens eine Zweite, ich war überrascht, wie schnell der Tag vorüber war. Aber die relativ naturbelassende Landschaft an der Küste verleitet zum Verweilen und Genießen. Es gibt noch einiges zu Sehen, auch wenn es ähnlich ist wie auf der Hauptinsel – man muss die Attraktivität der Sehenswürdigkeiten mit eigenem Maßstab messen.

Die Katakomben von Mdina

Zum Stichwort Sehenswürdigkeiten muss ich noch von meinem erneuten Halbtagesausflug nach Mdina erzählen (nun schon das dritte Mal). Wer den letzten Bericht gelesen hat, weiß, dass die Vorstadt Rabat eine unterirdische Totenwelt bereithält und verschiedene Eingänge zu verschiedenen Teilen der Katakomben führen. Nun, letztes Wochenende habe ich zwei davon besichtigt, der wichtigste Teil fehlte mir aber noch. Die Agatha-Katakomben, die sich in kirchlicher Hand befinden und von dem daraufstehenden Kloster betreut werden. Es gibt auch ein Museum, das ist witzig zu erwähnen, da es Sammlungen von allem Möglichen beinhaltet. Die Exponate gehen von Mineralien und Steinen über Münzen, Statuen, Töpferwaren aus sonstwelchen Jahrtausenden, einem mumifizierten Krokodil bis hin zu Kelchen, liturgischen Gewändern, Gemälden und anderem religiösen Ausstellungsstücken. Nebenbei bemerkt ist dieses Sammelsurium auf relativ wenig Platz in sehr schönen Räumlichkeiten mit hellen Säulendurchgängen untergebracht. Aber zu den eigentlichen Katakomben: Die heilige Agatha hat sich im 3.Jh. dort versteckt, man kann nur mit einem Führer hinein und der begehbare Teil ist auch nicht sonderlich groß. Aber was sich dort unten auftut, ist wahrhaftig ein Schatz, des Sehens würdig! Reich bemalte Steinwände, die bunten mittelalterlichen Fresken zeigen natürlich Heilige, allen voran mehrfach die Hl. Agatha, natürlich auch Paulus und Maria mit dem Kind. Obwohl die Gesichter später von den Muslimen zerkratzt wurden (wegen des Bilderverbots), macht die Hauptkapelle einen imposanten und prächtigen Eindruck. Die Grabanlage wird dabei nebensächlich, obwohl man davon ausgehen kann, dass die Gräber von Beginn an reich verziert waren. Von Inschriften oder Verzierungen die Gräber betreffend ist aber kaum bzw. gar nichts mehr zu sehen. Ein echtes Highlight findet man aber noch weiter im Inneren, wo sich die früheste Kapelle Maltas, vll. auch Europas, und sicher eine der frühesten Kapellen des Christentums befindet. Eine kleine, aber gut erhaltene Nische mit Malereien aus dem 4. Jh., mit in den Stein gehauenen Säulen an den Seiten und eindeutigen Hinweisen darauf, dass diese kleine Kapelle tatsächlich als solche gedacht und genutzt wurde.

Ich bin mehr als froh, dass ich für diese Katakomben nochmal nach Melita zurück gekommen bin, nachdem ich mir eigentlich nicht mehr so viel davon versprochen hatte, sondern sie eher der Vollständigkeit halber „abhaken“ wollte.

Die Bilder sind nicht von mir (fotografieren war verboten), sondern von gekauften Karten abfotografiert.

Damit hat die Gegend dort schon 2 Dinge, die ich auf jeden Fall in meine Top-Ten-Liste aufnehme. Das andere war der Schokoladenkuchen, den ich mir bei der Gelegenheit natürlich gleich noch einmal gegönnt habe…

Maltesisch: Mulej = Herr; Knisja = Kirche; koll = alles/alle; Indirizz = Adresse; Bajja = Strand

Wetter: Dieses Wochenende winkte schon der erste ganz leichte Sonnenbrand! Langsam sollte die Sonnencreme auch benutzt werden! Nächte aber immer noch ziemlich frisch.

Fazit: Die Partei…

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