Der Islam ist in Saudi-Arabien Staatsreligion. Aber nicht nur der Islam, sondern eine ganz besonders fundamentalistische Form. Der wahhabitische Islam befolgt eine strikte Orientierung an Quran und Sunna (die Überlieferungen vom Leben des Propheten Mohammed), alles darüber hinaus ist verboten. Das ist jetzt sehr reduziert und klingt recht simpel, ist es aber nicht unbedingt. Trotzdem vertritt der wahhabitische Islam eine Weltanschauung, die alles und jeden stark in schwarz und weiß, in richtig und falsch, in Paradies und Hölle einteilt. Wahhabiten sind der Ansicht, dass sie allein die wahre Religion haben und auch den wahren Islam vertreten. Alle anderen kommen nicht ins Paradies. Nicht-Muslime sowieso nicht, aber auch Shi’iten oder andere muslimische Gruppierungen sind in ihren Augen Ungläubige. Am Allerschlimmsten sind aber Atheisten, gar nicht zu glauben ist ein Frevel ohne Beispiel. Obwohl, es gibt etwas noch Schlimmeres – sich mit dem Islam zu befassen und dann, obwohl man “die Wahrheit” kennt, nicht zum Islam zu konvertieren.
Es gibt keine Religionsfreiheit!
Logisch – die Tatsache, dass die überwältigende Mehrheit der Weltbevölkerung in den Augen der Saudis Ungläubige sind, steigert den Beliebtheitsgrad Saudi-Arabiens nicht unbedingt. Selbst innerhalb der weltweiten muslimischen Gemeinschaft ist das Königreich mit seiner strengen Ideologie nicht sonderlich populär.
Aber Saudi-Arabien setzt Maßstäbe in der muslimischen Welt. Warum? Weil zwei der drei wichtigsten heiligen Stätten des Islams im Land liegen – die Kaaba in Mekka und die Prophetenmoschee in Medina. Der König Saudi-Arabiens bezeichnet sich als “Hüter der Heiligen Stätten von Mekka und Medina” Die Wallfahrt (Hajj) nach Mekka und Medina ist für jeden Muslim zumindest einmal im Leben verpflichtend, so kommt er also nicht umhin, sich den Regeln Saudi-Arabiens zu unterwerfen und sich als guter Muslim mit dem Land auseinanderzusetzen.
Der Titel des Königs ist aber nur ein kleiner Hinweis auf das wichtigste Merkmal Saudi Arabiens – Staat und Religion sind untrennbar miteinander verbunden. Das äußert sich natürlich vor allem in der Rechtsprechung, in der das religiöse Recht (Sharia) die Grundlage bildet und das Strafrecht quasi beinahe direkt aus dem Quran abgeleitet ist.
Aber die Religion und wie eng das gesellschaftliche und persönliche Leben damit verknüpft ist, ist mehr als offensichtlich, da muss man gar nicht erst in Rechtstexten oder in der Politik suchen.
Religiöse Formulierungen machen sicher mindestens 40% eines Gesprächs aus, überall – auf Autos, an Hauswänden, an Geschäften etc. findet man Pickerl/Sticker oder Tafeln mit ebensolchen Formulierungen.
Hier eine kleine Auswahl (in Umschrift):
In-sha’-allah – “so Gott will”; die meistverwendete Formulierung, kann man im Grunde genommen immer sagen, wenn man etwas erhofft, sich einer Sache noch nicht 100% sicher ist, Verabredungen trifft oder einfach bei jeder möglichen Aussage
Ma-sha’-allah – hat viele Bedeutungen z.B. in etwa “Gott sei Dank” oder “mit dem Willen Gottes” oder “Gott mit Dir” oder “Gott hat gewirkt” etc…; kann auch immer und überall verwendet werden, besonders als Bekräftigung einer Sache, wenn man etwas gut oder schön findet, wenn man jemandem für etwas Glück/Gottes Beistand wünscht; in etwa wie “wow!” zu verwenden z.B. “Ich habe 5 Söhne und 3 Töchter” “Masha’allah!”; zugegebenermaßen bin ich mir nicht sicher, ob ich den kompletten Verwendungsspielraum dieser Formulierung schon umrissen habe, man muss das irgendwie fühlen
Al-hamdu-li-llah – “Gott sei Dank”; auch immer und überall zu verwenden, wenn man etwas Gutes hört oder selbst sagt
Subhan-allah – “Gepriesen sei Gott”; vielseitig einsetzbar bei starker Bewunderung oder Freude
Salam ‘aleikum wa-rahmatu-llah wa-barakātuhu – “Friede sei mit Dir sowie die Gnade Gottes und sein Segen”; erweiterte Grußformel, auf jeden Fall angemessen
Yarhamuk allah – “Gott möge Dir gnädig sein”; sagt man, wenn jmd. genießt hat
Yahdīni wa-yahdīk – “Gott möge Dich und mich führen/leiten”; Antwort auf das vorhergehende, das muss also der Nieser wieder sagen
Ya’tik al-‘āfiya – “Er möge Dir Gutes geben”; sagt man meistens, wenn man sich von jmd. verabschiedet, der gerade arbeitet oder beginnt, irgend etwas zu tun